Viktor und die Boleboliten – Die Wintergeschichte
Der Winter hatte sich wie ein dicker, griesgrämiger Riese über das kleine Tal gelegt. Schnee türmte sich auf den Dächern, der Wind pfiff durch jede Ritze, und sogar die Boleboliten – diese etwas kauzigen, aber gutmütigen Waldwesen – hatten Mühe, ihre Nasen warm zu halten.
Viktor stapfte jeden Morgen durch den knirschenden Schnee zu seiner kleinen Hütte am Waldrand. Dort lebte sein treuer Begleiter, ebenfalls Viktor genannt, der zwar die Statur eines Arbeitspferdes hatte, aber die Gemütlichkeit einer Sofakartoffel. Als Viktor an diesem Wintermorgen den Wassereimer am Stall kontrollierte, klopfte er nur einmal dagegen – klonk! Hart wie Stein.
"Na prima", murmelte er. "Selbst Viktors Wasser hat heute keine Lust."
Fast zeitgleich tauchten aus dem verschneiten Unterholz die Boleboliten auf. Ihr Wasserfass – ein schiefes Holzgefäß mit noch schieferem Deckel – ragte aus einer Schneewehe. Und auch hier: Pong! Fester als ein Opa bei der Kaffeetafel.
Der älteste Bolebolit, mit seinem typisch sächsischen Akzent, schüttelte den Kopf:
"Viktor, wir ham e Problem. Unser Wasser is härter als de Oma ihr Sonntagskuchen!"
Viktor lachte. "Wartet, ich kümmer mich drum."
Mit einer ruhigen Selbstverständlichkeit, die nur jemand besitzt, der im Winter schon alles erlebt hat, schleppte er einen kleinen Gasbrenner herbei. Er stellte ihn unter den Eimer, drehte den Hahn auf – fuuuusch! – und bald dampfte das Wasser wie eine frisch gezogene Suppe.
Die Boleboliten schauten beeindruckt.
"Nu gugge ma! Das is ja Zauberei!" rief einer.
"Ach was", sagte Viktor. "Nur ein bisschen Wärme für kalte Tage."
Kurz darauf hatten sowohl der tierische Viktor als auch die Boleboliten endlich trinkbares Wasser. Der große Viktor schnaubte zufrieden, die Boleboliten klatschten in ihre Fäustchen, und einer meinte noch:
"Weeßte, Viktor… Wenn de so weiter machst, wählen wir dich noch zum Winterkönig!"
Viktor grinste, zog seine Mütze tiefer und antwortete:
"Solange ich keinen Wintersteuerbescheid kriege, bin ich dabei."
Und so verlief der Tag wie viele andere im kleinen Tal: hart war nur das Eis, die Herzen jedoch warm — dank Viktor, seinem treuen Gefährten und den unerschütterlich optimistischen Boleboliten.

